Es gibt mehr zwischen Himmel und Erde, und für dieses Mehr habe ich als Medium eben angeborene Antennen.
Ich hatte Besuch aus Indien, und da sie von meinen Antennen erfuhren, buchten sie eine Sitzung bei mir. Alles traf zu. Der junge Inder rutschte sichtlich nervös auf seinem Stuhl hin und her, und als die Mutter zur Bestätigung ein Foto der geerbten Oma-Ohrringe schickte und sie genau auf meine Beschreibung zutrafen, schaute er ängstlich im Zimmer umher, um die Geister zu suchen. Ich versuchte ihn zu beruhigen, und wie ich glaubte, funktionierte die Beruhigung auch.
Eines Abends kam ich spät vom Ausgang nach Hause, und als ich die Treppen hochstieg, bemerkte ich die offene Eingangstür und die beiden Inder in Kappe und Mantel. Sofort schloss ich daraus, dass sie eben just auch nach Hause gekommen waren. Fröhlich begrüsste ich sie am Eingang. Sie fingen an wild gestikulierend und in hastigem Ton Indisch miteinander zu sprechen. Sie müssen sich wahrscheinlich organisieren, dachte ich mir. Auf einmal schaute mich der eine an und fragte lauernd: «Bist du auch eben nach Hause gekommen?» Was für eine Frage, dachte ich, er hat mich ja gesehen. Seine grossen, starren Augen habe ich nur am Rande wahrgenommen. Er fragte bestimmt achtmal nach, und ich bejahte jedes Mal freundlich. Gut, beim achten Mal vielleicht nicht mehr so freundlich. Ich wünschte ihnen eine gute Nacht und ging nachdenklich in mein Zimmer, begleitet von einem Schwall indischem Angst-Geflüster.
Im Bett fing mein Denken an, ich fasste zusammen: grosse Augen, achtmal die gleiche Frage, aufgeregtes Getuschel. Da ging mir endlich ein Licht auf! Ich habe mich jetzt noch nicht vom Lachanfall erholt, der mich übermannte!
Sie müssen wissen, mein Haus hat einen Hintereingang UND einen Vordereingang. Und da ich mit dem Auto unterwegs war, parkierte ich es in der Garage und kam vom Hintereingang. Von einem Hintereingang hatten die Inder aber keine Kenntniss. Und so dachten sie, wir sind eben erst nach Hause gekommen, und da war auf der Strasse und am Hauseingang nicht der Hauch von Lopardo zu sehen! Und jetzt steht sie hier: Täuschend echt!
Ich weiss nicht, wie Inder mit solchen Schlussfolgerungen umgehen, was ich aber weiss, ist, dass ich jetzt vermehrt für Kunden aus Mumbai Sitzungen mache, weil sie inzwischen am eigenen Leib erfahren haben, dass es mehr zwischen Himmel und Hölle gibt.